Pressemitteilung

Stopp mit Spiel, Spaß und Diskussion

Reformationsjubiläum

  • Nr. „Wer glaubt übernimmt Verantwortung – auch heute“ Wie das konkret in der Gesellschaft aussehen kann, war Thema einer Podiumsdiskussion in der Gemarker Kirche. Die Veranstaltung gehörte zum Rahmenprogramm rund um den Halt des Reformationstruck des „Europäischen Stationenwegs“ in Wuppertal. Präses Manfred Rekowski erklärte in seiner Begrüßung, warum Wuppertal Reformationshauptstadt Europas ist.
  • 24.3.2017
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Zum einen als Ort der Barmer Theologischen Erklärung, die weltweite Resonanz erfährt, und zum anderen in Bezug auf Luthers Aussagen über die Juden als der beinahe einzigartige Ort, wo trotz aller furchtbarer Wirkungsgeschichte dieser Worte des Reformators und trotz der deutschen Schuldgeschichte Juden und Christen beieinander wohnen und eine Synagoge direkt neben der Gemarker Kirche entstanden ist. Ein Ort also, der verlässlich den Reformations-Truck einladen darf und demzufolge auch zu einer Veranstaltung ´mit dem Titel „Wer glaubt übernimmt Verantwortung – auch heute“.

Wie diese christliche Verantwortung aus gelebtem Glauben konkret heute in der Gesellschaft aussehen kann, klärte eine Diskussionsrunde mit Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Bildung und Kirche.  Für die Politik standen die Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese, die auch Mitglied des Rats der EKD ist, und Wuppertals Oberbürgermeister Andreas Mucke auf dem Podium.

Glaube als innerer Kompass

Sie erklärten persönlich und offen, wie der Glaube ihre politische Arbeit bestimmt: „Ich trage meinen Glauben nicht wie eine Monstranz vor mir her, aber er ist mein innerer Kompass und das Fundament meiner Werte“, sagte Griese, die als Pastorentochter vor allem ihre Prägung in der evangelischen Jugendarbeit in Düsseldorf erfuhr und die in der Verbindung von Freiheit, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung den Weg, aber auch die Rückbindung von der Kirchenarbeit zur Parteiarbeit beschrieb.

Für Andreas Mucke ist der Glaube der Eckpfeiler seines politischen Handelns: „50 Jahre Christ, 34 Jahre Sozialdemokrat, beides geht bei mir nicht ohne das andere und wird jeden Tag herausgefordert. Dabei ist mir wichtig, das zu sagen, was ich tue, und das zu tun, was ich sage.“

„Gönnen können und nicht neidisch sein“

Für den Unternehmer Thomas Meyer, der auch Präsident der IHK im bergischen Städtedreieck ist, gehört der Glaube fest zu seinem unternehmerischen wie privaten Handeln: „Menschen mit Würde zu behandeln, ist eine Selbstverständlichkeit, denn unser tolles Land funktioniert nur, wenn wir gemeinsam etwas erwirtschaften und es denen zukommen lassen, die es brauchen.“ Er hatte eine spezielle aber einleuchtende Kurzfassung seines Glaubens: „Gönnen können und nicht neidisch sein. Und Menschen so behandeln, wie man behandelt werden möchte, mehr braucht es nicht!“

Antonia Dicken-Begrich arbeitet im NRW-Bildungsministerium und ist Vorsitzende des Trägerkreises Alte Synagoge. Für sie ist die Erinnerungskultur ein Kompass ihrer christlichen Existenz: „In den Einzelschicksalen von Verfolgten und Ermordeten erfahren wir viel von uns selbst. Und indem wir ihnen in der sorgfältigen Rekonstruktion ihrer Lebensgeschichten ihre Individualität zurückgeben, lernen wir, uns nicht in jedem Konflikt zu verkämpfen, sondern auch uns selbst vertrauen zu dürfen.“

Prälat Dr. Martin Dutzmann vertritt die evangelische Kirche in Berlin und Brüssel und macht die Erfahrung, dass der christliche Glaube Menschen konkret verändert: „Ich höre oft in unserem Andachtsraum im Bundestag von Abgeordneten die Worte: ‚Wenn wir hier rausgehen, gehen wir anders miteinander um!‘“ Er möchte bewusst Einfluss nehmen auf Politik und Meinungsbildung: „Die zehn Gebote sind mein Korrektiv, besonders wenn wir lernen, dass wir und unsere Lebensumstände der Grund sind, warum andere Menschen sterben. Das muss Konsequenzen haben!“

„2Flügel“: Liebeserklärung an Wuppertal

Viel mehr als ein Rahmen war aber die eindrückliche Darbietung von Benjamin Seipel und Christina Brudereck, die als „2Flügel“  deutschlandweit Konzerte geben. Sie setzten besondere sprachliche und musikalische Akzente zum Reformationsjubiläum und zum Ort des Geschehens. Seipel vollführte Loops am Flügel und Interpretationen von Luther bis Hans Albers.

Bruderecks exakte und messerscharf schneidende, aber auch wunderschöne Sprachgewalt gipfelte in einer Liebeserklärung an Wuppertal und in einer Zeitansage zum Weltgeschehen, die das Thema der christlichen Existenz auf den Punkt brachte: „Dass wir selber nicht wie Monster werden, angesichts von Monstern um uns herum.“